Ein rund vierstündiges mitreißendes konzertantes Erlebnis, was bei über 40 aufgeführten Chorwerken durch insgesamt fünf Chöre eigentlich mehr zu einem niveauvollen Chorfestival der modernen Chormusik geraten war, bot die Sängervereinigung 1887 Mainflingen (SVM) Anfang November ihren Gästen. Der gemischt singende Chor „Crescendo“ der SVM hatte sich auf diesen Abend unter Leitung ihres Dirigenten, Werner Utmelleki, mit rund 45 Sängerinnen und Sängern intensiv vorbereitet und setzte dies mit Werken vor allem aus dem Bereich Rock, Pop und Jazz im vollbesetzten Bürgerhaussaal begeisternd um. Aber auch die Gastchöre, „Mixtett“ von Polyhymnia Offenbach-Bieber, die „Harmonizers“ der Harmonie Zellhausen, die „Reine Männersache“ Zellhausen und das aus zwei Frauen und drei Männern bestehende Ensemble „Vocalissimo“ wussten jeweils auf ihre Art mit gekonnten Darbietungen das Publikum bestens zu unterhalten. Sie bereicherten die facettenreiche Veranstaltung unter dem Motto „Total Vokal“. Diese Nacht der modernen Chormusik zog Zuhörer wie Mitwirkende gleichermaßen in ihren Bann.
Nach der Begrüßung durch den SVM-Vorsitzenden Gunter Knecht ging es mit anspruchsvoller hochmoderner Chormusik mit „Crescendo“ sofort in die Vollen. Bei dem recht aktuellen Stück „Human“ wurde Blues-, Gospel- und Soulklang gemischt. Die Limitierung menschlichen Daseins wurde dabei kraftvoll interpretiert. Bei dem rockig-lebendigen „September“ und „Man in the Mirror“ – letzteres arrangiert nach dem Original von Michael Jackson -überzeugten die Gastgeber nicht nur mit gesanglicher Ausgewogenheit und gelebtem musikalischem Ausdruck. Auch die gezeigte Choreographie und das stilistische Erscheinungsbild des Ensembles verschmolzen mit der Musik zu einem Ganzen. Der Applaus für die Darbietungen war eindrucksvoll.
Lateinamerikanische Weisen wie „Havana“ waren der Einstieg für den Gemischten Chor der Harmonie Zellhausen, den „Harmonizers“ unter Leitung von Elisabeth Neyses. Mit „Kleiner grauer Falter“ und dem Madonna-Song „Like a Prayer“ wechselte der Chor in völlig andere Genres, was auch vom Publikum dankbar aufgenommen wurde. Englischsprachige Werke, wie „I got Rhythm“ setzten die Schlussakzente des Auftritts.
Eine Gesangsshow der besonderen Art brachte das fünfköpfige Gesangsensemble „Vocalissimo“ auf die Bühne im Bürgerhaussaal. Ob bei „Beautiful Day“, „Penny Lane“, „Angels“ oder anderen Werken: der wiedererkennungsfähige besondere Anspruch der Gruppe bei Chorklang und rhythmischer Ausdrucksform ließen beim Publikum sofort den sprichwörtlichen „Funken“ überspringen. Beißende Ironie versprühten auch darstellerisch „Der letzte Martini“ des James Bond 007 oder der „Kriminaltango“. Ohne Zugabe durfte sich das Quintett nicht verabschieden.
Zu einem weiteren Programmblock vor der Pause kam noch einmal „Crescendo“ auf die Bühne. Mit „Space Oddity“ hatte einst David Bowie kurz vor den ersten bemannten Weltraumfahrten auf den Mond einen tragischen Ausgang für den fiktiven Astronauten „Major Tom“ skizziert. Dies wurde vom Chor beeindruckend aufgeführt. Mit gefühlvollen Interpretationen von Udo Lindenbergs „Horizont“ und dem auf schwedisch vorgetragenen „Gabriellas Sang“ aus dem Film „Wie im Himmel“ zeigte der Chor seine Vielseitigkeit. Beim Rockklassiker „Stairway to Heaven“ aus dem Jahr 1971 sang Daniel Mäder überzeugend den Solopart.
Das Polyhymnia-Mixtett Offenbach-Bieber unter Leitung von Vanessa Borowsky sang englischsprachig klangschöne Stücke. Von „Just Give me a Reason“, über „Moon River“ bis hin zu „Oh Happy Day“ unter effektvoller Einbeziehung des Publikums.
Die „Reine Männersache“ Zellhausen unter Leitung von Roman Zöller zeigte in Gesang und Choreograpie viele Facetten ihres Könnens. Dazu gehörten „Männer mag man eben“ und „Frauen sind anders“, wo mit dem ewigen Unterschied der Geschlechter kokettiert wurde. „New York, New York“ war eine Würdigung von Frank Sinatra. Die Chorwerke „Bohemian Rhapsody“ und „Angels“ zeugten in ihren Arrangements von besonderem Chorgeschmack. „Baba Yetu“ war noch einmal ein musikalisch-darstellerisches Schmankerl vor der vom Publikum geforderten Zugabe „Das Haus am See“.
Den Schlusspunkt des Abends setzte noch einmal Gastgeberchor „Crescendo“. Unter anderem mit dem zeitgenössischen Werk „So soll es bleiben“, arrangiert von Oliver Gies, „Engel“ von der Rockband Rammstein, das erstmals aufgeführte „Set Fire To The Rain“ von Adele sowie als einer der Höhepunkte die Anfang der 1980er Jahre kreierte „Hessen-Hymne“ der Rodgau-Monotones „Die Hesse komme“ - in einem mitreißenden Arrangement ebenfalls von Oliver Gies, das vom sehr gut aufgelegten Publikum noch einmal mit starkem Beifall gefeiert wurde.
„Total Vokal“ entpuppte sich als ein Konzertformat, das beim fachkundigen Publikum sehr gut ankam und selbst im kulturverwöhnten hiesigen Ostkreis einen weiteren Impuls setzte.